Die Küche ins Dorf bringen!

Es könnte so schön sein: Wanderer, kommst Du nach Semlin, kehre ein in eine Schänke… und genieße, was die umliegenden Felder, Wälder und der See an kulinarischen Köstlichkeiten so bieten. Wer in den letzten zehn, zwanzig Jahren dieser „Semliner Gebrauchsanweisung“ gefolgt ist, erlebte keinen regionalen Genuss, sondern oftmals ödes Industriefutter – mit Tiefkühlfilets aus dem Nordpazifik, Pommes und Kroketten aus dem Zentnersack und Kartoffelsalat aus dem Plasteeimer.

Fast unbemerkt hat sich in der Dorfstraße an diesem Zustand etwas geändert.  Das „Little Café“ ist angetreten, die heimische Küche wieder ins Dorf zu bringen. Das kleine Häuschen, in dem vor dem Mauerfall reisende Ärzte ihre Sprechstunden abhielten, blickt auf eine wechselhafte jüngere Vergangenheit zurück und konnte sich auch mangels Seeblick nicht recht gegen die klassischen Adressen im Dorf durchsetzen. Oben am Dorfplatz gaben sich Thailand, Afrika und Italien die Klinke in die Hand – wie konnte eine Nische für das kleine grüne Ding mitten im Dorf aussehen?

Inhaberin Steffi Geddert und ihr Team haben sie gefunden. Sie sind nicht in die Ferne geschweift, sondern haben in der Nachbarschaft angeklopft, bei den drei lokalen Fischern Schöpp, Lehmann und Schröder; bei den Wildhändlern Voss und Oehme, dem Spaatzer Spargelhof und den umtriebigen Gemüsehändlern Martin Krause und Detlef Bier in Premnitz. Seit 2008 und mit zunehmend enthusiastischem Stammpublikum kämpfen die „Littles“ gegen die gastronomische Globalisierung, und wer ihren „Kulinarischen Kalender“  2012 durchblättert, entdeckt viele regionale und saisonale Delikatessen, die es anderswo im Dorf nicht gibt. Die Premnitzer Knieperkohlwochen etwa gehen noch bis Ende Februar, dann stehen die Kraut- und Rübenwochen auf dem Programm. Brennesselsuppe und Maibowle leiten das Frühjahr ein, und noch vor dem Spaatzer Spargel holt Fischer Lehmann die ersten Havelkrebse aus dem Fluss. Holunder und Weidelamm, Quitten und Gänsebraten: Ach ja, ach richtig, so vielfältig und interessant ist ja eigentlich, was hierzulande in die Küche kommt – WENN es denn in die Küche kommt.

Dass dem „Little Café“ auch Begriffe wie „artgerechte Tierhaltung“ nicht unbekannt sind und neben wohlgefüllten Tellern auch noch viel handgemachte Musik und Gelesenes die kleine Gaststube füllen, ist fast zu schön, um wahr zu sein.

Höchste Zeit also, dafür zu sorgen, dass das kulinarische Kleinod sich auch wirtschaftlich in unserem Dorf halten kann: Durch einen umgehenden und häufigen Besuch und dörfliches Schlemmen!

www.little-cafe.de. Geöffnet täglich 12-24 Uhr; mittwochs zu.